Eine bedarfsgerechte Fütterung ist gerade in der Aufzucht ungemein wichtig. Doch finden sich relativ wenig verlässliche Informationen, wie die optimale Jungpferdefütterung aussehen soll.
Aus diesem Grund habe ich kürzlich Dr. Christina Fritz von Sanoanimal kontaktiert, die in meinen Augen sicherlich eine der kompetentesten Futterberaterinnen Deutschlands ist. Sie ist auch die Autorin des Buches "Pferde fit füttern", welches mich sehr beeindruckt hat und das ich von Herzen weiterempfehlen kann. Christina hat sich bereiterklärt, ihr Wissen im Bereich der Jungpferdefütterung mit mir zu teilen und es hier sogar noch einem grösseren Publikum zugänglich zu machen.
Ich freue mich sehr, euch hier den ersten Abschnitt aus einem Mail von Christina präsentieren zu dürfen, in dem es unter anderem um die Fütterung der tragenden & säugenden Stute, die Darmflora des Fohlens sowie das Heu geht:
Fütterung der Mutterstute
Wenn man sich für ein Jungpferd entscheidet, dann sollte man immer unbedingt die Fütterung der Mutter anschauen, denn sie prägt die Gesundheit des Fohlens maßgeblich für das ganze Leben. In Esmeraldas Fall hat die Mutter ausschließlich Heu, Weide, Hafer und Müsli bekommen. Wenn wir davon ausgehen, dass sie ein Zuchtstutenmüsli bekommen hat, um sie mit allen notwendigen Mineralstoffen, Vitaminen und der Extraportion Eiweiß zu versorgen, die eine Zuchtstute braucht, dann ist das schon mal gar nicht so schlecht. Das Pferd gewinnt seine Energie überwiegend aus der Pflanzenfaser Cellulose, die im Dickdarm von entsprechenden Mikroorganismen zerlegt wird. Die Energie wird dabei in Form von flüchten Fettsäuren bzw. deren Salzen frei, also als Propionat, Butyrat und Acetat. Diese werden über die Darmschleimhaut aufgenommen und vom Organismus direkt in den Energiestoffwechsel eingeschleust. Damit stellt das Pferd eine Besonderheit unter den nicht-wiederkäuenden Säugetieren dar. Denn die meisten Säugetiere beziehen ihre Energie aus Zucker / Stärke, Eiweiß oder Fett, die alle im Dünndarm verdaut werden. Diese Nährstoffe werden beim Pferd in nur sehr geringen Mengen benötigt. Der Dreh- und Angelpunkt der Ernährung und damit auch der Gesundheit ist also der Dickdarm und die darin lebenden Mikroorganismen, die als Mikrobiom (oder umgangssprachlich als Darmflora) bezeichnet werden. Sie haben einen erheblichen Einfluss nicht nur auf die Nährstoffausbeute, sondern auch auf den Hormonhaushalt, das Verhalten und den gesamten Stoffwechsel des Pferdes.
Entwicklung der Darmflora
Fohlen werden mit einem „sterilen“ Dickdarm geboren, d.h. sie haben noch keine Darmflora. Diese bauen sie in den ersten 4-5 Lebensmonaten auf, indem sie den Kot der Mutterstute fressen. Der Kot besteht normalerweise zu ca. 50% der Trockensubstanz aus Mikroorganismen, also Darmflora. In der Natur kann nur eine Stute mit einer gut funktionierenden Darmflora ausreichend Nährstoffe und Energie aus ihrem Futter gewinnen, um überhaupt trächtig zu werden und ein Fohlen auszutragen. Stuten mit gestörtem Darmmilieu sind vielleicht noch in der Lage, ihren Eigenbedarf zu decken, nehmen aber beim Decken nicht auf bzw. werden überhaupt nicht erst rossig, weil der Körper nicht ausreichend Energie und Nährstoffe für eine Trächtigkeit zur Verfügung hat. Eine Stute mit einem gestörten Darmmilieu wird sich also in der Natur nicht weiter fortpflanzen und damit das Problem auch nicht an die Nachkommen weitergeben. Nur eine Stute mit gesunder Darmflora kann ein Fohlen bekommen und das Fohlen bekommt dann aus dem Kot seiner Mutterstute auch genau die Mikroorganismen für seinen Darm, die es in die Lage versetzen, das Grundfutter in seinem Lebensraum optimal zu verwerten. Nach 4-5 Monaten hat das Fohlen dann ein eigenes stabiles Mikrobiom im Dickdarm und wird damit unabhängig von der Muttermilch, da es jetzt selber Energie aus den Pflanzenfasern seines Raufutters gewinnen kann. So ist der Idealfall. Hat die Stute jedoch schon ein gestörtes Darmmilieu und eine nicht optimale Darmflora, dann nimmt das Fohlen auch vom ersten Tag an falsche Mikroorganismen aus dem Mutterkot auf, die sich dann im Dickdarm des Fohlens ansiedeln. Dasselbe gilt, wenn das Fohlen in seinen ersten Lebensmonaten Antibiotika bekommen muss. Auch das führt zur Ansiedelung falscher Mikroorganismen im Dickdarm bzw. zum Absterben erwünschter Darmbewohner, was meist nicht reversibel ist. Langfristig führt ein gestörtes Darmmilieu dann immer zu einer übermäßigen Belastung des Stoffwechsels und damit einer Anfälligkeit für Stoffwechselkrankheiten. Die Gesundheit des Fohlens beginnt also schon mit der Dickdarm-Gesundheit der Mutter. Nur eine Mutterstute, die artgerecht ernährt und gehalten wird und damit ein möglichst gesundes Dickdarm-Milieu hat, ist in der Lage, ihrem Fohlen eine gesunde Darmflora mitzugeben, die dann wiederum essentiell ist für die Gesundheit des Pferdes und zwar nicht nur in den ersten Wochen und Monaten, sondern ein Leben lang.
Eine Frage der Rasse
Wenn Esmeraldas Mutter ein gesundes Darmmilieu hatte, können wir mal davon ausgehen, dass sie sich auch eine gesunde Dickdarm-Flora aufbauen konnte. Das heißt, wir müssen nicht frühzeitig schon anfangen, Stoffwechselprobleme therapeutisch zu kompensieren, sondern können uns auf eine artgerechte Aufzuchternährung konzentrieren. Dabei muss man unterscheiden zwischen verschiedenen Pferderassen. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Ponys nicht einfach nur kleinere Pferde sind, sondern dass sie an einigen Stellen einen grundlegend anderen Stoffwechsel haben als Warmblüter. Das macht sich auch in der Aufzucht bemerkbar. Bei den meisten Robustrassen reicht es aus, wenn sie während der ersten Lebensjahre ausschließlich Heu, im Sommer Weide, dazu Mineralfutter, Salzleckstein und Wasser haben. Bei Warmblütern führt eine solche Fütterung in der Aufzucht häufig dazu, dass sie in ihrer Entwicklung und auch im Wachstum etwas zurück bleiben. Da Esmeralda ja kein Freizeitpony werden soll, sondern ein Sportpferd, müssen wir die Fütterung von zwei Seiten betrachten: Die Grundversorgung und den Zusatzbedarf.
Heuqualität - ein entscheidender Faktor
Die Grundversorgung bei Esmeralda – wie bei jedem anderen Pferd auch – sollte so aussehen, dass sie permanenten Zugang zu Raufutter hat. Heu ist und bleibt das wichtigste Futtermittel für Pferde und muss ständig zur Verfügung stehen. Pferde sind von Natur aus Dauerfresser und machen nur kurze Fresspausen, in denen sie Dösen, Sozialpflege zeigen oder spielen. Daher ist es essentiell, dass sie ständig Zugang zu Heu hat. Das Heu sollte von einwandfreier Qualität sein. Das heißt natürlich frei von Schimmel oder sonstigem mikrobiologischem Befall. Solchen Verderb kann man ganz gut riechen, wenn man die Nase mal in eine Handvoll Heu steckt, das man aus dem Ballen gezogen hat. Wenn es muffig riecht, dann ist es definitiv verdorben. Genaue Auskunft gibt eine mikrobiologische Heuanalyse, die man bei Verdacht machen kann (vor allem wenn man ganze Chargen kauft, sollte man sie ggf. vorher untersuchen lassen). Verschimmeltes Heu ist eine erhebliche Belastung für die Atemwege und kann zu chronischen Problemen wie Allergien gegen Schimmelsporen und damit chronischem Husten führen. Außerdem werden die Mykotoxine, die der Schimmel zum Selbstschutz produziert, über die Darmschleimhaut aufgenommen und müssen über Leber und Nieren wieder entsorgt werden, stellen also eine erhebliche Belastung für die Entgiftungssysteme dar. Außerdem produzieren viele Schimmelpilze antibiotisch wirkende Substanzen, welche die Darmflora des Pferdes empfindlich stören können. Daher also auf eine gute hygienische Qualität des Futters achten, sonst hat ein Winter Schimmelheu oft negative Auswirkungen für mehrere Jahre, in denen man dann versucht, den Stoffwechsel wieder in die Spur zu bringen.
Eiweiss- und Zuckergehalt
Von den Nährwerten her können junge Warmblüter ruhig ein nahrhafteres Heu haben als junges Moppelpony. Hier eignet sich auch ein früher erster Schnitt, der z.B. schon im Mai gemacht wurde oder auch Heu von Wiesen mit einem größeren Bestand an Leistungsgräsern. Genaue Infos über die Nährwerte liefert eine Heuanalyse. Hier sollte man vor allem den Eiweiß- und den Zuckergehalt anschauen. Für Pferde gilt grundsätzlich, dass man Zuckergehalte <10% im Heu haben möchte (bei leichtfuttrigen Kandidaten <6%), das gilt auch für Warmblüter in der Aufzucht. Hohe Zuckergehalte im Heu treiben den Blutzuckerwert nach oben. Wird dieser Blutzucker nicht über Arbeit abgebaut (und so viel Muskelleistung bringt ja ein Pferd in dem Alter noch nicht), dann kann es zu einer Gewöhnung an hohe Blutzuckerwerte und damit das Entstehen einer schleichenden Insulinresistenz kommen. Außerdem muss der viele Zucker, der nicht adäquat in Leistung umgesetzt wird, irgendwie „entsorgt“ werden. Das führt dazu, dass die Pferde (je nach genetischer Prädisposition) vermehrt Fett oder Lymphe einlagern. Sie sehen dann zwar schön rund aus, aber leider ist das eine ungesunde Rundung, weil es keine gesunde Muskelmasse ist. Die Eiweißwerte (Rohprotein) im Heu liegen meist bei 6-9%, das ist soweit in Ordnung. Für einen Warmblüter in der Aufzucht kann man auch Heu mit höheren Rohproteinwerten bis 11% verfüttern, dann muss man aber aufpassen, dass man keine anderen Eiweißlieferanten zufüttert. Hat man in seinem Heu eher niedrige Rohproteinwerte, dann bietet es sich an, etwas Eiweiß zuzufüttern, beispielsweise in Form von Leguminosen, dazu später mehr.
Menge und Darreichungsform
Das Heu sollte immer so angeboten werden, dass die Pferde 24h knabbern können. Bietet man es lose am Boden an, vor allem im Offenstall, hat man meist 50-80% Verlust einzukalkulieren. Je nach Heupreis ist das eindeutig zu viel. Mit Heunetzen kann man den Verlust auf <10% reduzieren, außerdem fliegt weniger Heu auf dem Hof herum und man produziert weniger Mist, weil weniger verschmutztes Heu entsorgt werden muss. Die Maschenweite der Heunetze richtet sich nach dem Geschick des Pferdes und der Qualität des Heus. Als Faustregel gilt: je feiner und blattreicher das Heu, umso enger müssen die Maschen sein. Je grobstängeliger, desto weitere Maschen kann man wählen. Das liegt zum Einen daran, dass feines, blattreiches Heu leichter durch die Maschen gezogen werden kann und zum Anderen daran, dass grobes Heu weniger Nährstoffe enthält, die Pferde also auch mehr davon fressen dürfen über den Tag. Pferde nehmen normalerweise 2-3% ihres Körpergewichts an Heu auf, also 2-3kg je 100kg Körpergewicht. Ein Jungpferd mit 400kg braucht also locker 8-12kg Heu pro Tag. Bei Warmblütern im Wachstum muss man die Menge in der Regel nicht begrenzen, außer wenn das Heu extrem nahrhaft ist. Ansonsten stellen die Pferde sich ganz von alleine auf eine passende Heumenge ein, sofern sie 24h täglich daran knabbern können. Also für die Grundversorgung gilt: Esmeralda muss immer Zugang zu ordentlichem Heu haben, das ist absolut essentiell für ihre Gesundheit und das Wachstum. Erzwungene Heupausen (nach dem Motto: soll sie doch nachts Stroh fressen...) müssen vermieden werden. Ohne das brauchen wir über den Rest der Fütterung gar nicht erst anfangen.
Ausblick und Empfehlung
Im zweiten Teil wird es ausführlich um Pektin- & Lignin-Quellen in der Fütterung und deren Einfluss auf die Darmperistaltik. Des Weiteren wird auch die Mineralversorgung ein Thema sein. Es bleibt also spannend!
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Wer jetzt kaum warten kann oder sich allgemein näher mit der Pferdefütterung befassen möchte, dem kann ich sowohl den Blog von Sanoanimal, als auch das Buch "Pferde fit füttern" von Dr. Christina Fritz sehr ans Herz legen.
Das Buch habe ich selbst komplett durchgelesen, ja geradezu verschlungen, und fand es wahnsinnig interessant, sehr fundiert und umfassend. Ich habe mich schon früher viel mit Pferdefütterung befasst, doch das Buch gab mir nochmals ein Hintergrundwissen, von dem ich vorher nur hätte träumen können. Absolute Empfehlung für jeden Pferdebesitzer!